BW:Ludwigsburg/Landesprogramm

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Hier finden sich die Programmvorschläge der Ludwigsburger Piraten zur Landtagswahl 2011. Anfang Januar haben wir uns die Vorsätze gegeben, klare, realistische Worte ohne Schwafelei und Landeslob zu finden. Viele Ansätze oder halbfertige Punkte haben wir dennoch nicht weiterverfolgt, da wir nach 10 Treffen mit ca. 100 Stunden Diskussion und gemeinsamer Arbeit gemerkt haben, wie hoch der Diskussionsbedarf gerade bei piratenfernen Themen eigentlich ist. Herausgekommen ist ein aus unserer Sicht piratiges Landesprogramm, das trotzdem die wichtigen Landesthemen im vollem Umfang berücksichtigt.

Da diese Vorschläge Ergebnisse der Ludwigsburger Diskussionen sind und eine weitere bzw. alternative Perspektive und Formulierung speziell aus unserer Sicht darstellen, bitten wir jeden, diese Seite nicht zu editieren. Wer aber unsere Punkte ändern oder erweitern möchte, kann dies gerne tun und über die AG Landespolitik oder auf anderem Wege am Landesparteitag einbringen. Die Benutzung der Diskussionsseite zu guter und konstruktiver Kritik sowie Anmerkungen jeglicher Art ist ausdrücklich erwünscht!

Landesprogramm Baden-Württemberg - Landtagswahl 2011


Demokratie, Transparenz und Privatsphäre

Gelebte Demokratie durch Volksabstimmungen und Bürgerentscheide

Die Hürden zur Beteiligung an Politik sind zu hoch. Die Möglichkeiten für die Menschen in Baden-Württemberg, sich einzubringen und ihre Interessen geltend zu machen, müssen verbessert werden.

Obwohl in Baden-Württemberg bereits seit 1974 die Möglichkeit zu Volksbegehren, der nötigen Vorstufe zu Volksabstimmungen, besteht, ist bisher noch kein einziges durchgeführt worden. Denn derzeit muss jeder sechste Wahlberechtigte ohne vorherige persönliche Benachrichtigung innerhalb von nur 14 Tagen seine Unterschrift in einem Rathaus geleistet haben, damit ein Volksbegehren in Gang gesetzt wird. Bei unseren Nachbarn in der Schweiz müssen bei einem Volksbegehren 2,2% der Wahlberechtigten in einem Zeitraum von 18 Monaten unterschreiben. Die in Baden-Württemberg erforderliche prozentuale Beteiligung von 16,7% bedeutet, 1,2 Millionen Unterschriften in nur zwei Wochen sammeln zu müssen.

Anstatt dieser fast unüberwindbaren Hürden sollen Unterschriften nach Schweizer Vorbild über einen wesentlich längeren Zeitraum gesammelt und auch außerhalb von Amtsräumen geleistet werden dürfen. Die erforderliche Zahl an Unterschriften muss mindestens halbiert werden. Außerdem soll über eine Informationspflicht seitens der Behörden nachgedacht werden, damit alle Wahlberechtigten über das Volksbegehren informiert sind und ausreichend Zeit haben, sich selbst mit dem Thema zu befassen.

Bei einem deutlich verlängerten Zeitraum für die Sammlung von Unterschriften bieten sich regelmäßige Termine für die Durchführung von Volksbegehren und -abstimmungen an. Eine Zusammenlegung mit Wahlen, wie es auch mit Kommunalwahlen und Bürgerentscheiden möglich ist, spart Kosten und erhöht die Teilnahme.

Für Bürgerbegehren ist eine Beratungspflicht seitens der Behörden einzuführen, damit das Einreichen nicht an Formalitäten scheitert. Die Frist von sechs Wochen bei Bürgerbegehren, die sich gegen Beschlüsse von Gemeinderäten richten, ist aufzuheben. Für einen erfolgreichen Bürgerentscheid liegt die Abstimmungsmehrheit momentan bei mindestens 25 % aller Stimmberechtigten. Im Vergleich mit anderen Bundesländern, die diese Hürde teilweise gar nicht haben oder einen wesentlich geringeren Prozentsatz verlangen, ist diese Schwelle unverhältnismäßig hoch und muss deutlich gesenkt werden.


Offenlegung der Nebeneinkünfte von Landtagsabgeordneten

Die Höhe und Herkunft aller Einnahmen aus Nebentätigkeiten müssen einzeln und in vollem Umfang veröffentlicht werden.

Dazu ist ein Modell erforderlich, das über die Regelungen auf Bundesebene hinausgeht. Das dreistufige System reicht nicht aus, da die höchste Stufe von 7000 Euro nichts darüber aussagt, wie hoch die Nebeneinkünfte tatsächlich ausfallen. Um mögliche Interessenkonflikte erkennen zu können, müssen die zusätzlichen Einkünfte transparent offengelegt werden.


Endlich auch ein Informationsfreiheitsgesetz für Baden-Württemberg

Freier Zugang zu bei Behörden vorhandenen Informationen ist unerlässlich für die demokratische Willensbildung.

In den meisten Bundesländern ist ein Informationsfreiheitsgesetz die Regel, auch Baden-Württemberg soll seinen Bürgern diese Möglichkeit bieten. Ausgenommen sind personenbezogene Daten und Informationen, die laufende Ermittlungs- oder Gerichtsverfahren beeinträchtigen können. Eine Schwärzung sensibler Daten ist der Verweigerung der Herausgabe vorzuziehen. Bei der Ablehnung von Anfragen kann der Landesdatenschutzbeauftragte angerufen werden, um diese zu überprüfen. Zur Vermeidung von Missbrauch und zur Beteiligung an den entstehenden Kosten wird eine angemessene Gebührenpauschale erhoben. Die Pauschalregelung verhindert eine abschreckende Wirkung durch überhöhte Gebühren.


Kein Einsatz von automatischen Kennzeichen-Lesesystemen

Die automatische Kennzeichenlesung und der massenhafte Abgleich sind unverhältnismäßig und greifen in die Grundrechte ein.

Der Paragraph 22a des Polizeigesetzes verletzt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und das Persönlichkeitsrecht. Pauschale Überwachung führt dazu, dass Menschen das Gefühl haben, sich nicht frei bewegen zu können. Bürger sollen nicht unter Generalverdacht gestellt werden. Daher fordern wir die ersatzlose Streichung dieses Paragraphen.


Verbessertes Landeswahlrecht: fair, vereinfacht, verfassungskonform

Eine gesunde Demokratie braucht ein faires Wahlrecht, das keine Parteien bevorzugt und ein negatives Stimmengewicht verhindert.

Der Direktkandidatenzwang für jeden Wahlkreis verbunden mit der hohen Zahl an benötigten Unterstützungsunterschriften für jeden Kandidaten machen eine Teilnahme an der Wahl schwerer als in jedem anderen Bundesland. Ein weiteres Problem sind negative Stimmengewichte: dabei können mehr Wählerstimmen zum Verlust von Sitzen führen oder weniger Stimmen zu einem Zugewinn. Das verstößt gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit und der Gleichheit der Wahl. Auf Bundesebene hat das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber verpflichtet, das Wahlverfahren bis 2011 so zu ändern, dass ein negatives Stimmgewicht ausgeschlossen wird. Eine solche Überarbeitung ist auch auf Landesebene notwendig. Der bisherige Ausgleich von Überhangmandaten pro Bezirk muss in einen landesweiten Ausgleich geändert werden, damit keine Partei durch den Verlust von Stimmen Sitze im Landtag dazugewinnt. Somit reduzieren sich die problematischen Überhangmandate und die Sitzverteilung entspricht mehr dem Wählerwillen.


Kein Religionsbezug in der Landesverfassung

Ein weltlicher und demokratischer Staat steht für die Achtung von Menschen unabhängig ihrer religiösen Ansichten. Statt spezifischem Religionsbezug fordern wir ein Bekenntnis zu allgemeingültigen Werten, auf denen die Gesellschaft aufbaut.

Werte wie Solidarität, Ehrlichkeit und Verantwortungsbewusstsein sind weder durch eine Religion entstanden noch an sie gebunden. Deutschland garantiert als weltlicher Staat Religionsfreiheit. Religiöse und religionsfreie Weltanschauungen sind Privatsache und die Freiheit der Wahl sowie Gleichbehandlung ist durch eine Verfassung ohne Bezüge zu einem Gott oder einer bestimmten Religion zu garantieren.


Gleichstellung von Lebenspartnerschaften und Ehen

Das Gesetz zur Ausführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes muss so angepasst werden, dass es für Lebenspartnerschaften und deren Schließung keine Benachteiligungen mehr gibt.

Die Zuständigkeit für die Schließung von Lebenspartnerschaften liegt bei den Landratsämtern bzw. Gemeinden, während Ehen auf dem Standesamt eingegangen werden. Wir halten eine Zuständigkeit der Standesämter für notwendig und möchten außerdem, auch in Anpassung an die Regelung zu Eheschließungen, eine freie Wahl des Standesamtes ermöglichen.


Open Access

Aus öffentlicher Hand finanzierte wissenschaftliche Informationen sollen auch der Öffentlichkeit zugute kommen und damit für alle Bürger einfach und frei zugänglich sein.

Die Veröffentlichung findet über Dokumenteserver, sogenannte Repositorien, statt. Die Vernetzung aller Open-Access-Repositorien ermöglicht Suchfunktionen, die sich über alle Server erstrecken und somit einen benutzerfreundlichen Zugriff gewährleisten. Außerdem trägt die Vernetzung zur Verbreitung und Wahrnehmung aller Werke bei. Langzeitarchivierung, um die Inhalte dauerhaft zu speichern und die Wahrung der Authentizität durch digitale Signaturen sind wichtige Aspekte, die berücksichtigt werden müssen.


Keine Videoüberwachung des öffentlichen Raumes

Die anlasslose und pauschale Videoüberwachung im öffentlichen Raum dient lediglich der gefühlten Sicherheit und dringt unverhältnismäßig in die Privatsphäre der Menschen ein. Wir fordern stattdessen sinnvolle Maßnahmen.

Wir lehnen jegliche Pläne der Landesregierung zum Ausbau der Videoüberwachung zum Beispiel an Bushaltestellen oder Schulen strikt ab. Kameras tragen nicht zum Abbau sondern höchstens zur Verlagerung von Kriminalität bei und bieten Opfern keinen Schutz. Die Kosten für die Installation und die Überwachung der Kameras stehen in keiner Relation zum Nutzen. Eine Neuorientierung hin zu effektiven Lösungen wie besserer Straßenbeleuchtung und mehr Polizeistreifen ist dringend erforderlich.


Bildung

Persönlichkeitsrechte der Schüler und Lehrer achten

Die Privat- und Intimsphäre sowie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung von Schülern und Lehrern müssen gewahrt bleiben.

Videoüberwachung und private Sicherheitsdienste haben keinen Platz in Schulen. Präventive Durchsuchungen und Kontrollen oder Urinuntersuchungen sind zu unterlassen. Die Unschuldsvermutung gilt auch für Schüler. Diese unter Generalverdacht zu stellen, zerstört das Vertrauen zu Schule und Lehrern, ohne welches Unterricht und Erziehung aber nicht möglich sind.


Schulen demokratisieren

Selbstbestimmung der Schule durch das Lehrerkollegium und Mitbestimmungsrecht der Schüler schafft faire Machtstrukturen.

An die demokratischen Entscheidungen des Kollegiums ist auch der Rektor gebunden. Die Schülermitverwaltung muss in Schülermitbestimmung umgestaltet werden, um eine Teilhabe an Entscheidungen zu ermöglichen. Bestehende Gesetze und Bildungspläne müssen selbstverständlich weiterhin eingehalten werden.


Gemeinsamer Unterricht von 1. bis 9. Klasse durch Gemeinschaftsschulsystem

Statt des dreigliedrigen Schulsystems sollen Schüler ohne Selektion miteinander und voneinander lernen.

Die Abschaffung des dreigliedrigen Schulsystems muss in Schritten, aber ausnahmslos stattfinden, unabhängig von der Schulform und Region. Behinderte Schüler sind durch die Umsetzung der UN-Behindertenkonvention zu integrieren. Alle Schüler lernen gemeinsam und solidarisch bis zum Ende der neunten Klasse. Die individuelle Förderung der Schüler steht durch Differenzierung im Unterricht und bei der Umsetzung der Lehrpläne im Vordergrund. Leistungsdruck und Schulstress verringern sich, Schüler sind aus Freude am Wissen und Lernen motiviert. Ein Schulabschluss ist nach der neunten, zehnten oder mit Abitur nach der zwölften Klasse möglich. Ab der zehnten Klasse findet der Unterricht im für die Sekundarstufe II bewährten Kurssystem statt.


Leistungsdruck und Schulstress verringern

Überfüllte Lehrpläne und Lernstandserhebungen sind hohe Stressfaktoren und setzen die Schüler unnötig unter Druck.

Die Bildungspläne müssen angepasst werden, besonders der Bildungsplan des Gymnasiums an die zwölfjährige Schullaufbahn. Statt Lernstandserhebungen wie PISA oder VERA, die nur den Wissensstand messen, sollen langfristige Evaluationsverfahren eingesetzt werden, die auch die Selbstreflexion der Schüler einbeziehen und somit die Lernprozesse unterstützen.


Notengebung erst ab der siebten Klasse

Spaß am Lernen statt Konkurrenzdenken und individuelle Rückmeldung statt Demotivation durch Notenvergabe.

Finnland hat es erfolgreich vorgemacht. Da Noten erst ab der 7. Klasse vergeben werden, entsteht kein Konkurrenzdruck unter den Schülern, was ihrer Lernleistung zu Gute kommt. Jeder Schüler bekommt eine ausformulierte konstruktiv-informierende Bewertung, die sich an seinen Möglichkeiten orientiert und ihn in seinen Leistungen fördert.


Anpassung der Unterrichtsorganisation

Kleine Schulklassen und Team-Teaching sind sinnvolle Reaktionen auf die heterogene Zusammensetzung der Klasse und ermöglichen die individuelle Förderung aller Schüler.

Bei einer Verteilung von zwei Lehrenden auf maximal 20 Schüler erhalten sowohl leistungsstarke als auch förderungsbedürftige Schüler die nötige Aufmerksamkeit. Die Lehrer sind flexibler im Einsatz unterschiedlicher Lehrformen und können gezielt auf einzelne Schüler eingehen, ohne dass der übrige Unterricht leidet.


Unterrichtsbeginn ab neun Uhr

Schulen sollen die Möglichkeit erhalten, den Unterricht später beginnen zu lassen.

Startet der Unterricht erst um neun Uhr, sind die Schüler ausgeschlafen. Das macht den Unterricht in den ersten Stunden effektiver als bisher. Außerdem ist so Zeit für ein Frühstück mit der Familie. Betreuungsangebote in der Schule vor Unterrichtsbeginn müssen vorhanden sein. Die Entscheidung über den Unterrichtsstart sollen die Schulen mit Einbezug der Schüler und Eltern treffen dürfen.


Flexible Zeitstrukturen statt starrem 45-Minuten-Takt

Einheiten von 90 Minuten bieten mehr Raum für innovative Lernformen und Lernphasen.

Diese Einheiten sind flexibel gestaltbar, so kann der Lehrer die Einteilung der Zeit, Pausen sowie Lernphasen und -formen an die Bedürfnisse seiner Schüler anpassen. Auch Abweichungen davon, zum Beispiel bei Projektarbeiten oder durch schulinterne Lösungen, sollen möglich sein. So erhalten Methoden wie offener Unterricht und selbstbestimmt-kooperative Lernformen die benötigten Rahmenbedingungen.


Mehr Nutzung von freier Software und freien Inhalten

Freie Software ist kostengünstiger für Schulen und Eltern. Der Zugang ist damit in jedem Haushalt mit Computer gesichert.

Obwohl Lernmittelfreiheit besteht, wälzen Schulen Kosten auf Eltern und Schüler um, zum Beispiel bei der Anschaffung von Atlanten. Die Nutzung von freien bzw. kostenlosen Online-Angeboten und Software spart diese Kosten ohne Nachteile für die Schüler.


Neues Fach "Medienverantwortung"

Verantwortungsbewusster und kompetenter Umgang mit Medien ist wichtiger Bestandteil des täglichen Lebens und muss dementsprechend bereits in der Schule vermittelt werden.

Medienkompetenz spielt fächerübergreifend eine bedeutende Rolle und doch kommt die Vermittlung von Inhalten wie Chancen, Risiken, Bedienung, Bedeutung von Datenschutz und die Eröffnung von Möglichkeiten zur Selbstbildung zu kurz. Daher sollen andere Fächer Unterrichtszeit abgeben, um ein neues Fach, das Medien- und Informationskompetenz - nicht nur im Internet - in den Mittelpunkt stellt, zu realisieren. Es soll mindestens für ein Schulhalbjahr jeweils in der Grundschule sowie Sekundarstufe I und II unterrichtet werden. Die Aus- und Fortbildung der Lehrer muss so angepasst werden, dass es zum einen Fachlehrer für Medienverantwortung gibt, zum anderen aber zusätzlich alle Lehrer fähig sind, Grundkenntnisse von Medienkompetenz zu vermitteln.


Säkularisierung des Schulgesetzes

Christlicher Religionsunterricht ist in der Landesverfassung und im Schulgesetz fest verankert. Werte sind aber religionsunabhängig und müssen auch so gelehrt werden.

Um einen großen Teil der heterogenen Schülerschaft nicht zu benachteiligen, ist der Bezug zu Gott und Christentum aus § 1 des Schulgesetzes zu streichen. Die Erziehung zu einer bestimmten Religion ist durch konfessionsunabhängige Vermittlung von Wissen über Religionen und allgemeingültigen Werten und Verhaltensweisen zu ersetzen, beispielsweise in einem für alle Schüler verpflichtend stattfindenden Ethikunterricht.


Abschaffung der Studiengebühren

Studiengebühren sind sozial ungerecht. Nur die alleinige staatliche Finanzierung garantiert für alle gleichermaßen den Zugang zum Studium.

Studiengebühren stellen eine enorme finanzielle Belastung dar und wirken abschreckend auf junge Menschen aus weniger wohlhabenden Familien. Ein Studienkredit belastet Studierende noch zusätzlich, außerdem lassen die heutigen Studienbedingungen kaum Zeit für Nebenjobs. Bildung muss aber frei und für alle zugänglich sein, daher sind die Studiengebühren abzuschaffen.


Wiedereinführung der verfassten Studierendenschaften

Verfasste Studierendenschaften demokratisieren die Universitäten, eine Wiedereinführung ist längst überfällig.

Nach dem Verbot in den 70er Jahren haben alle Bundesländer bis auf Bayern und Baden-Württemberg die verfassten Studierendenschaften wieder zugelassen. Der Grund des Verbots entbehrt damals wie heute jeglicher Grundlage. Wir fordern die sofortige Aufhebung des Verbots, um studentische Mit- und Selbstbestimmung zu schaffen.


Reform des Bologna-Prozesses

Selbstbestimmtes Lernen statt starrer Vorgaben und Zeiten, eine freiere Studienordnung statt verschultes Modulstudium.

Studieninhalte an Wirtschafts- und Standortsanforderungen anzupassen, lässt keinen Raum mehr für interessenorientiertes Studieren und unabhängiges Forschen. Dauerüberprüfungen und genaue Zeit- und Inhaltsvorgaben verursachen zu hohen Leistungsdruck. Deshalb soll der Bachelor erst nach acht Semestern erreicht und mehr Wahlmöglichkeiten angeboten werden. Im Anschluss müssen Masterplätze für alle Studenten vorhanden sein.


Inneres und Justiz

Eindeutige Kennzeichnung von Polizisten

Bei geplanten Veranstaltungen wie Demonstrationen oder Einsätzen bei Sportereignissen sollen Polizisten eine eindeutige Identifikationsnummer tragen, um Übergriffe durch Polizisten nachvollziehen zu können.

Für den Fall unverhältnismäßiger Gewaltanwendung durch Polizisten oder anderer gesetzeswidriger Handlungen muss sichergestellt werden, dass eine spätere Identifikation von Sicherheitskräften möglich ist. Dabei ist das Gleichgewicht zwischen dem Schutz der Persönlichkeitsrechte und der Identifizierbarkeit der Polizisten zu wahren. Im Fall einer Anzeige soll erst durch einen richterlichen Beschluss die Feststellung der Identität erfolgen. Hierfür ist ein geeignetes und praktikables Verfahren zur Verteilung der Identifikationsnummern und deren Gestaltung in Zusammenarbeit mit der Polizei zu entwickeln.


Abschaffung des freiwilligen Polizeidienstes

Der Polizeidienst eignet sich nicht für das Ehrenamt. Polizisten brauchen Qualifikationen, die nur eine mehrjährige Ausbildung gefolgt von Berufserfahrung leisten kann.

Freiwillige Polizeibeamte haben zur Zeit nach wenigen Wochen Ausbildung gleiche Befugnisse wie reguläre Polizisten. Sie tragen Uniform, dürfen ihre Schusswaffe benutzen und alle polizeirechtlichen Maßnahmen durchführen. Dies sollte nur vollausgebildeten Polizisten vorbehalten sein. Eine gemischte Polizeistreife täuscht Sicherheit nur vor. Im Ernstfall kann der Hilfspolizist schnell zur Belastung werden, da er gar nicht oder falsch reagieren kann und so die Verantwortung und Reaktion bei einem Beamten alleine liegen. Auch für Einsätze wie Gewaltprävention an Schulen fehlt den freiwilligen Helfern die nötige Qualifikation. Freiwillige Helfer sind daher kein geeigneter Ersatz oder Unterstützung für den regulären Polizeidienst.


Informationspflicht gegenüber Betroffenen verdeckter Ermittlungen

Wer Gegenstand einer verdeckten Maßnahme der Polizei geworden ist, muss grundsätzlich nachträglich darüber informiert werden.

Die aktuelle Regelung im § 22 des Polizeigesetzes Baden-Württemberg besagt, dass Betroffene einer verdeckten polizeilichen Maßnahme unter anderem dann nicht informiert werden müssen, wenn seit der Beendigung der Maßnahme fünf Jahre verstrichen sind. Dies könnte bei Maßnahmen, die sich insgesamt über mehrere Jahre erstrecken, dazu führen, dass einzelne Betroffene gar nicht mehr informiert werden. Eingriffe in Grundrechte wie zum Beispiel die Unverletzlichkeit der Wohnung müssen aber rechtsstaatlich stets nachvollziehbar sein. Dazu sind Informationen über eine vergangene Maßnahme zwingend erforderlich. Der Absatz 8 dieses Gesetzes ist dahingehend anzupassen.


Entwurf eines demokratiefördernden Versammlungsrechts

Die von der Landesregierung geplanten Verschärfungen des Versammlungsrechts bedrohen die öffentliche Meinungsäußerung. Das Recht auf Versammlungen ist aber ein Grundrecht und das Gesetz soll einen störungsfreien Ablauf gewährleisten, anstatt ihn zu verhindern.

Da der Aufwand einer Anmeldung dank moderner Technik geringer ist, gibt es keinen Grund für eine frühere Anmeldung der Versammlung. Begriffsbestimmungen, die aussagen, dass schon zwei Personen eine Versammlung bilden, lassen Willkür bei der Bestimmung von Versammlungen zu. Das informationelle Selbstbestimmungsrecht muss Beachtung finden. Eine Angabe der persönlichen Daten aller Ordner ist nicht rechtmäßig. Die Befragung von Versammlungsteilnehmern durch die Polizei kann schnell einschüchternd wirken und ein Fernbleiben von Veranstaltungen zur Folge haben. Die anonyme Teilnahme an Versammlungen in geschlossenen Räumen darf nicht beeinträchtigt werden. Auch muss die Versammlungsleitung die Versammlung zu jeder Zeit unterbrechen können. Denn sonst ist bei Störungen die Versammlung unabhängig vom Verursacher immer sofort beendet. Stattdessen muss eine Wiederaufnahme möglich sein, nachdem die Störer entfernt wurden.


Aufhebung des nächtlichen Alkoholverkaufsverbotes

Das Verkaufsverbot von Alkohol im Einzelhandel und in Tankstellen zwischen 22 und fünf Uhr trägt in keiner Weise zum Jugendschutz bei und gehört daher aufgehoben.

Darin sehen wir reine Symbolpolitik und eine Bevormundung der Bürger. Außerdem gibt es zahlreiche Ausnahmen für örtliche Feste, Gaststätten und Tankstellen mit Gaststättenkonzession. Die Landesregierung unterschätzt Jugendliche, wenn sie ihnen nicht zutraut, dass diese sich Alkohol nun vor 22 Uhr beschaffen. Statt übermäßigem Alkoholkonsum von Jugendlichen sinnvoll zu begegnen, werden erwachsene Menschen eingeschränkt und der Einzelhandel grundlos belastet.


Datenherausgabe durch Bürgerämter nur nach Zustimmung

Eine Weitergabe von Informationen über Bürger ohne deren Einwilligung lehnen wir ab.

Privatpersonen, Firmen, Kirchen, Parteien und andere Einrichtungen fordern von Bürgerämtern gegen geringe Gebühren Daten über Bürger ohne deren Einwilligung an, um diese zu privaten oder kommerziellen Zwecken zu verwenden. Diese Praxis widerspricht dem Grundrecht auf Informationelle Selbstbestimmung. Stattdessen muss in Zukunft sichergestellt sein, dass die Erlaubnis der Bürger eingeholt wurde, bevor Informationen über sie herausgegeben werden. Wurde diese Erlaubnis erteilt, soll der Bürger auf Anfrage Informationen über die getätigten Abfragen erhalten und seine Erlaubnis jederzeit widerrufen können.


Verwaltung, Föderalismus

Freie und plattformunabhängige Dateiformate für staatliche Veröffentlichungen

Offene Formate garantieren, dass Informationen auch langfristig lesbar sind. Diese müssen möglichst in durchsuchbarer Form zur Verfügung gestellt werden.

Der Zugang zu veröffentlichten Informationen darf nicht davon abhängen, welches Computersystem jemand benutzt, ob spezielle Software installiert oder gekauft wurde. Deshalb ist es erforderlich, Veröffentlichungen in einer Form vorzunehmen, die auf offenen standardisierten Formaten basiert.

Freie Software in Behörden und staatlichen Einrichtungen

Sicherheit und langfristige Kosteneinsparungen durch Einsatz von freier Software.

Durch die Offenheit des Quellcodes bei freier Software gibt es keine Abhängigkeit von einem bestimmten Softwarehersteller. Dies verbessert die Möglichkeiten für spätere Anpassungen, wenn sich beispielsweise rechtliche Rahmenbedingungen für Behörden ändern. Bei freier Software entfallen außerdem auf lange Sicht große Summen für Lizenzgebühren. Den kurzfristig höheren Kosten für Einarbeitungsaufwand stehen so mittel- und langfristige Einsparungen gegenüber. Wartungsverträge können mit Firmen vor Ort geschlossen werden, was die regionale Wirtschaft fördert.


Verbraucherschutz

Transparente Kennzeichnung von Lebensmitteln

Statt Prozentangaben und beliebig wählbarer Portionsgrößen soll eine einheitliche, differenzierte und transparente Kennzeichnung auf der Vorderseite von Verpackungen dem Verbraucher eine schnelle und verlässliche Orientierung geben.

Die von der Lebensmittelindustrie auf der Vorderseite von Verpackungen bevorzugte Kennzeichnung trägt nicht dazu bei, dem Verbraucher sinnvolle Informationen an die Hand zu geben. Besonders irreführend ist die Angabe des sogenannten prozentualen Anteils am Tagesbedarf. Da sie prinzipiell vielen Personengruppen wie zum Beispiel Kindern nicht gerecht werden kann, ist sie durch eine sinnvolle, verpflichtende Kennzeichnung zu ersetzen. Diese muss sich auf feste Portionsgrößen von 100g/ml entsprechend der Nährwertangaben beziehen. Wir setzen uns auf Bundesebene für eine solche Kennzeichnung ein.


Informationssystem für Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen

Schaffung eines frei zugänglichen Informationssystems für den Zugang zu Ergebnissen von durchgeführten Lebensmittelkontrollen.

Obwohl Jahr für Jahr sehr viele Betriebe, die mit Lebensmitteln zu tun haben, kontrolliert werden, ändert sich nichts an den hohen Beanstandungsquoten. Kontrollen, deren Ergebnisse von Konsumenten nicht eingesehen werden können, wirken nicht abschreckend. Statt stärkerer Kontrollen müssen Mängel öffentlich nachvollziehbar sein, um durch Transparenz diese abschreckende Wirkung zu erreichen. So wird auch Druck auf die Verkaufsstellen ausgeübt, ihre Lieferanten sorgfältiger auszuwählen.


Verbraucherinformation vor Ort durch Smiley-System für Restaurants, Fleischereien und Bäcker

Die Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen werden anhand unterschiedlicher Smileys zeitnah und gut sichtbar an der Eingangstür angebracht, um den Verbraucher zusätzlich zum Informationssystem im Internet direkt vor Ort zu informieren.

Das in Dänemark etablierte und sehr erfolgreiche Smiley-System soll auch in Baden-Württemberg eingeführt werden. So ist für den Kunden direkt ersichtlich, ob Hygienevorschriften und Lebensmittelgesetze eingehalten werden. Auf Hygienesünder kann reagiert werden, was bisher meistens nicht möglich ist. Negativ bewertete Händler haben durch die Kundenreaktion und Folgekontrollen die Möglichkeit und vor allem die Motivation, Mängel zu beseitigen und sich positive Smileys zu verdienen. Die Beschränkung auf Restaurants, Fleischereien und Bäcker, die in der Regel Lebensmittel selbst verarbeiten, verhindert, dass andere Verkaufsstellen wie zum Beispiel Märkte benachteiligt werden, obwohl sie bezüglich der Lebensmittelhygiene auch abhängig von ihren Lieferanten sind.


Wirtschaft und Finanzen

Flächendeckende Breitbandinfrastruktur

Die Förderung des flächendeckenden Ausbaus von Breitbandanschlüssen ist notwendig, um für kommende technische Entwicklungen gerüstet zu sein und die Teilhabe an digitaler Kultur zu ermöglichen.

Ein ausreichend schneller Internetanschluss wird in wenigen Jahren ein unerlässlicher Bestandteil unserer Gesellschaft sein. Um jedem die Teilnahme am sozialen Leben gleichermaßen zu ermöglichen, muss eine flächendeckende Breitbandversorgung gewährleistet sein, auch in weniger dicht besiedelten Gebieten. Viele andere Länder haben dies schon erkannt und zeigen, dass es möglich ist. Firmen benötigen zur Kommunikation mit anderen Firmenteilen und Geschäftspartnern die nötige Infrastruktur, um große Datenmengen zeitnah zu übertragen. Deswegen wollen wir einen vorausschauenden, flächendeckenden Breitbandausbau, um eine allgemeine Versorgung mit 100Mbit/s zu ermöglichen.