BE:Newsletter/2010-08-02/Erklärung von Pavel zur Thesen-PK

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Erklärung von Pavel zu Thesen-PK

Hallo Leute,

weil viele es offenbar nicht mitbekommen haben und danach gefragt wurde, hier die Geschichte der Thesen:

Christopher hat am 30. Juni auf Mailinglisten und im Blog dazu aufgerufen, Gegenthesen zu entwickeln, die er sammeln und ggf. mit den Autoren zusammen vorstellen wollte.

http://schmidtlepp.tumblr.com/post/753261743/aufruf-zur-erstellung-einer-antwort-auf-die-14-thesen

Ich habe daraufhin einige Thesen verfasst.

Am 8. Juli gab es eine öffentliche Politikforumssitzung des Bundesvorstands, an der jeder Pirat per Mumble teilnehmen konnte und auf der es um hauptsächlich um die Thesen des Innenministers und die Position der Piraten dazu ging.

http://vorstand.piratenpartei.de/2010/07/10/notizen-zum-politikforum-2010-07-08/

Dort habe ich die Thesen eingebracht und während der Sitzung am 8. Juli ins Wiki auf die Thesen-Diskussionsseite gestellt:

http://wiki.piratenpartei.de/Diskussion:Netzpolitische_Thesen.

Während dieser Mumble-Sitzung waren ca. 30 Teilnehmer dabei.

Da wurde auch gefragt, ob es bei den Teilnehmern besondere Wünsche oder Bedenken gibt, aber es war einhellige Meinung der anwesenden Vorstandmitglieder und Basispiraten, dass Christopher ruhig freie Hand haben soll, was die Pressekonferenz angeht.

Des weiteren hat Maha einen Podcast mit mir aufgenommen, wo wir über die netzpolitische Thesen diskutiert haben, und neben einer Kritik der Thesen des Innenministers habe ich dort die Thesen in den Grundzügen vorgestellt.

http://klabautercast.de/2010/07/16/folge-25-netzpolitik/

Ich bin anschliessend in den Urlaub gefahren. Als Maha den Podcast am 18. Juli online gestellt hat, habe ich die Thesen dann noch in meinem Blog veröffentlicht, damit die Zuhörer auch wissen, worum es geht, und weil aus der Partei bisher nicht viel Feedback gekommen war. Das Feedback zum Blogpost und Podcast war sehr positiv.

Im Urlaub hat mich Christopher dann irgendwann kontaktiert, dass ausser meinen Thesen nichts als eingegangen ist, was sich als Antwort auf die Thesen für die PK eignet. Aus diesem Grund hat Christopher dann entschieden, die Thesen von mir zu nehmen.

Ich war erst nicht besonders glücklich darüber, obwohl ich die Thesen eigentlich genau für den Zweck geschrieben hatte, denn es war mir klar, dass es am Ende viele Leute in der Partei geben wird, die nichts von dem Prozess mitbekommen haben und ich mir und Christopher alle möglichen Dinge vorhalten werden, da ja allgemein bekannt ist, dass Christopher und ich befreundet sind. Wer uns etwas besser kennt, weiss aber auch, dass Christopher und ich persönlich und politisch oft unterschiedlicher Meinung sind und uns gegenseitig häufiger politisch streiten und gegenseitig kritisieren, woraus wir aber am Ende meist beide vorteilhaften Erkenntnisgewinn ziehen.

Hätte es ein Bundesliquid gegeben, hätte ich liebend gerne die Thesen da reingestellt. Das im Berliner Liquid zu machen hätte nur für böses Blut im Bund gesorgt. Und solche Themen auf der "Aktiven" zu diskutieren, dafür fehlt mir nicht nur die Zeit, sondern die Art und Weise, wie dort diskutiert wird, ist dermassen destruktiv, dass ich mich schlichtweg weigere, dieses Medium zur Entwicklung seriöser Inhalte zu verwenden.

Weil das Feedback auf die Thesen im Blog und den Podcast aber sehr positiv war, habe ich dann zugestimmt, dass die Thesen verwendet werden. Ich hätte auch schlecht ablehnen können, nachdem ich diese bereits in die Partei eingebracht hatte.

Die Presseresonanz war dann glücklicherweise auch sehr erfreulich und umfangreich:

http://wiki.piratenpartei.de/Pressespiegel_Netzzeitungen

Schaut man sich den Pressespiegel an, so haben die Piraten in 2010 bisher nicht viel Presse gehabt, vor allem nicht viel gute Presse.

Ich finde es schade, dass sich einige Piraten nicht einfach freuen können, dass das ganze ein Erfolg war, und das vielleicht als Ansporn nehmen, selbst mehr ähnliche Aktivitäten zu entfalten. Wie man aus der Schilderung der Genese auch entnehmen kann, gab es hinreichend Möglichkeiten, sich selbst einzubringen oder zu beteiligen, und hätte Christopher nicht die Initiative ergriffen, hätte es *keine* Stellungnahme oder Position der Piraten gegeben. Der Innenminister hätte sich dann hinstellen und zu Recht behaupten können, dass die Piratenpartei ja nichts konstruktives in den von ihm initierten Dialog eingebracht hat und offenbar überflüssig ist. Das wäre fatal gewesen, aber es wäre beinahe so gekommen.

Was die Thesen betrifft, so sind sie sicher nicht der Weisheit allerletzter Schluss, aber sie sind allemal qualititiv den Thesen des Innenministers nicht nur gewachsen, sondern sie enthalten klare Aussagen, an denen man sich reiben kann, und über die man diskutieren kann, im Gegensatz zu den Thesen des Innenministers, wo in fast jede These aus einer Behauptung und der Behauptung des Gegenteils besteht und sich jeder raussuchen soll, was ihm gerade gefällt. Unsere zehn Thesen definieren bewusst schärfere Positionen, als man sie am Ende eines gesamtgesellschaftlichen Dialogs wohl einnehmen würde, doch es gibt darin nichts, was man nicht gut vertreten kann.

Wir sind eine junge, weitgehend ausserparlamentarische Oppositionspartei, und mit windelweichen Kompromissformulierungen werden wir in der Öffentlichkeit einfach kein Gehör finden werden, denn die Presse und die Öffentlichkeit geht davon aus, dass alle unsere Forderungen natürlich Maximalforderungen sind. Wir werden politisch niemals mehr durchsetzen können, als das, was wir verlangen, sondern immer nur weniger, denn wir werden praktisch immer Kompromisse schliessen müssen. Jetzt ist aber nicht die Zeit für Kompromisse, auch wenn unsere Forderungen natürlich vertretbar und nicht absurd sein dürfen. Sie müssen ausserdem weiter in die Zukunft greifen und klare Richtungen aufzeigen, denn was wir heute fordern, wird vielleicht erst in Jahrzehnten politische Realität werden.

Ich möchte aber abschliessend noch mal feststellen, dass die Partei auf Bundesebene nach wie vor über wenig politische Schlagkraft verfügt, und ich es persönlich gerne vermeiden würde, mich derart zu exponieren und solche persönlichen Risiken eingehenen zu müssen, um das zu kompensieren. Mit dem Bundesliquid wird das sicher besser werden, aber wir müssen auch generell weiter davon wegkommen, jedem, der sich in der Partei politisch exponiert, unlautere Absichten oder persönliche Motive zu unterstellen.

Liebe Grüsse

Pavel